• sternedit4510 1896

    kreuzedit458 1952

    Beruf: ohne berufliche Ausbildung



    Josefine Winterstein war die Mutter Theresia Reinhards. Ihr wurde vorgeworfen, falsche Behauptungen über die Behandlung von „Schutzhäftlingen“ in Konzentrationslagern geäußert zu haben.

    Opfer- und Verfolgungsschicksal:

    Josefine Winterstein lebte bis 1939 in Lohr am Main. Ohne ordentliche Berufsausbildung handelte sie mit Korb- und Textilwaren, ehe sie hausieren ging mit Spitzenstoffen. Sie besaß einen Wandergewerbeschein, der diese Arbeit legalisierte.
    Im Februar 1939 wurde sie wegen eines Vergehens gegen das „Heimtückegesetz“ angezeigt. Um die Einlieferung ihres Bruders Friedrich Spindler in ein KZ zu verhindern, hatte sie vor der Polizei ihre Befürchtung geäußert, die Insassen von Konzentrationslagern würden unmenschlich behandelt.  Sie habe gehört, dass im Rheinland ein Häftling hinterrücks erschossen worden sei, als er eine Zigarette habe aufheben wollen. Der Schütze sei für seine Tat überdies mit 14 Tagen Urlaub belohnt worden.

    Am 25. April 1939 wurde Josefine Winterstein von zwei Gestapo-Beamten in Lohr verhört. Sie nahm ihre Äußerungen nicht zurück, sondern erklärte, sie habe lediglich die Inhalte eines Gespräches wiedergegeben, das sie während einer Fahrt in einem Eilzug mitverfolgt habe. Um niemanden denunzieren zu müssen, gab sie an, die Gesprächspartner nicht gekannt zu haben. Sie gab allerdings zu ihrem Schutz an, sie habe den Aussagen selbst nie geglaubt, schon weil sie nicht annehme, dass der Führer solch einen Umgang mit Häftlingen dulden würde. Sie habe außerdem nicht gewusst, dass man solche Geschichten nicht weiter erzählen dürfe.

    Diese Erklärung wird ihr zwar laut amtlichem Bericht von den Kriminalbeamten nicht geglaubt, sie wurde allerdings auch nicht weiter festgehalten, da ansonsten keine Vorwürfe gegen sie vorlagen und der Bezirksarzt wegen ihres Gesundheitszustandes Bedenken gegen eine Inhaftierung äußerte. Am 26. April wurde ihr allerdings der Wandergewerbeschein entzogen, um zu verhindern, dass sie weiterhin „Greuelnachrichten“ verbreite. Diese Maßnahme sei wirtschaftlich unbedenklich, da Mann und Kinder arbeiteten und sie dadurch abgesichert sei. Am 11. September 1939 stellte der Oberstaatsanwalt das Verfahren gegen Josefine Winterstein wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz ein, da er offenbar von der Richtigkeit ihrer Darstellung überzeugt war.

    Im Zuge des Festsetzungserlasses musste Josefine Winterstein mit ihrem Ehemann Johann und ihren Kindern Kurt (geb. 1920), Theresia (geb. 1921) und Otto (geb. 1926) im September 1939 ihr Grundstück in Lohr aufgeben und nach Würzburg umziehen. Unter Androhung der Inhaftierung in ein Konzentrationslager wurde allen Sinti verboten, ihren Wohn- und Aufenthaltsort zu verlassen.



    Literatur:
    Flade, Roland: Dieselben Augen, dieselbe Seele. Theresia Winterstein und die Verfolgung einer Würzburger Sinti-Familie im „Dritten Reich“, Würzburg 2008.

    MV

    Posted by Tobias Berg @ 20:46

    Tags: , ,

  • Comments are closed.